Deutsche Zusammenfassungen
der Architektur soll jenseits der reinen Form, der reinen Benutzung sein. Es ist mehr, als ein Dach über dem Kopf, mehr als ein Artikel auf dem Markt.
Raumkunst oder Funktionsskulptur? Diagramm oder Struktur? Bei der Suche nach einer genauen Bestimmung des Zieles der Baukunst, habe ich vor langen Jahren mein erstes und einziges Gedicht verfasst.
Marcel Breuer übersinnliche Baukunst
Die Ziele der Architektur
(Seite 6)
Formen und Funktionen sind die wesentlichsten Ziele der Architektur, die heute ständige Fortschritte macht. Es erscheinen gewisse Neigungen zur Struktur, zum plastischen Modellieren,zur Erfindung und zum Masstab. Die Freiheit der modernen Baukunst behauptet sich besonders gegen die Tradition der Vergangenheit. Der Vorgang der Befreiung wird rascher und strebt gegen jene moderne Architektur an, die in eine Sackgasse gerät. Sie hat keinen Zusammenhang mit menschlichen oder visuellen Bedürfnissen oder mit dem Fortschritt. Auf gewissen Gebieten der Architektur zeigt sich sogar ein Trieb zum Chaos. Tatsächlich ist diese Tendenz jedoch nicht beunruhigend, alle Epochen haben ein Chaos gehabt und auch ihre Nörgler, welche über die gute, alte Zeit heisse Tränen vergossen.
Auf der Suche nach dem Fortschritt bezieht sich die Erscheinung des Wassertropfens nicht nur auf ästhetische Probleme. Es sind mehrere physikalische und funktionelle Grundsätze sowie auch strukturelle Schwierigkeiten zu beachten. Die Glasfassaden unserer Geschäftshäuser, welche oft schön anzusehen sind, haben gewöhnlich keine Stützen in der Fassade. Nach einer modernen Auffassung sind sie von der senkrechten Struktur des Baues unabhängige Wände.
Enthält das Gebäude weite Räume ohne Trennungen, so stimmt alles; andernfalls verunzieren diese Stützen. Darum sollten in einer gewissen Bauart die Stützen Bestandteile der Fassade sein. Werden die Bedürfnisse und Verwendungsmöglichkeiten eines Gebäudes die Fassade bedingen?
Das ist eine Frage, die uns zur Ästhetik, zu einer erneuten individuellen Suche nach Ausdrucksmöglichkeiten führt. Das Ziel der Architektur ist, jedem Problem seine bestmöglichste Lösung zu geben, wobei man Ästhetik, Zweck, Struktur, Baumaterialien, sowie menschliche und soziale Bedürfnisse berücksichtigen muss. Es handelt sich besonders darum, das Zusammenspiel all dieser Elemente zu verwirklichen.
Bestimmte Formen kennzeichnen jeden Bau.
Die Geschäftsgebäude werden immer weniger den Häusern, den Spitälern und Schauspielhäusern ähnlich sehen. Das Bild unserer Städte wird dadurch an Verschiedenartigkeit gewinnen. Vergessen wir nicht, dass die Funktionsbedürfnisse nicht nur physisch sondern auch menschlich sein müssen.
Das Haus ist mehr als eine Wohnmaschine : eine Fabrikanlage kann einer Produktionskette ähnlich sehen — ganz anders ist aber eine Werkstatt. Während die unzähligen Büros einer grossen Verwaltung einander gleichen, soll eine einsame Bergkapelle ihren eigenen Ausdruck finden. Das Ziel
(Seite 30)
Der Photograph kann den Film belichten.
Er bringt uns das Bild so vor Augen, dass es eine unmittelbare Beobachtung ersetzt, in der Architektur kann das Objekt jedoch nie völlig veranschaulicht werden. Man schätzt ein Bauwerk aus einer bestimmten Stimmung heraus entsprechend ein, da es auf den Menschen allerlei Einwirkungen hat.
Die Architektur besitzt Geist und Seele, die nicht nur mit unseren fünf Sinnen aufgenommen werden können. Die Architektur soll dem Menschen nahe sein, das hatte schon der grosse Leonardo da Vinci eingesehen. Er richtete sein Denken auf die Menschheit und die Natur. Er bleibt ein Vorbild für alle unsere Fachmänner, und Anatomiker. Auch der vollkommenste Baumeister soll Humanist sein, mit festen wissenschaftlichen Kenntnissen.
Baumeister und Städteplaner haben die Aufgabe, sich um das Wohl des Menschen zu kümmern. Als praktische Naturforscher müssen sie die Menschen kennen, um deren Bedürfnissen gerecht werden zu können. Protagoras sagte mit Recht: Der Mensch ist das Mass aller Dinge. Selbst inmitten der Unmenge summender Räder soll der Mensch ein selbstdenkendes Wesen bleiben. Er ist keine Nummer, er ist keine Ware im Schaufenster eines Ladens. Seele und Körper müssen ein Ganzes bilden. Das Problem ist psychosomatisch. Versteht der Architekt das nicht, so wird er seiner Aufgabe nie gerecht werden können.
Eine Architektur, die sich in die Landschaft einfügt, ist für die Seele wie ein Heimathafen mit dem Durchblick auf die weite Welt. Und die weite Welt kann jener am besten lieben, der einen wirklich menschlichen Standpunkteinnimmt. Kirchen, Schulen oder Wohnungen, jedes von Menschenhand erbaute Gebäude soll auf der grossen Bühne der Welt seinen Platz haben. Seit tausenden von Jahren bleibt doch immer die Natur das Modell, das die Menschen formt.
Wie vor hunderttausend Jahren haben wir auch jetzt Ohren um zu hören und Augen um zu sehen; wir frieren auch jetzt bei Kälte und schwitzen bei Sonnenschein — wie unsere Vorfahren. Unser Herz und unser Puls schlagen noch immer im gleichen Rhythmus. Auf diesem Gebiet gibt es keine vorübergehende Mode, keine Änderungen.
Die Architektur sollte immer für die Ewigkeit geschaffen sein, sie ist zugleich Statik und Bewegung. Mitihrmüssen wirwachsen, da wir lebende Wesen sind. Die Vernunft, das Mitempfinden und die Kenntnisse der Architekten werden es möglich machen, Männern, Frauen und Kindern zu dienen.
Und vor allem den Kindern, die ja den Nachwuchs bilden, deren Welt unsere Augen noch nicht erblicken können.
R. J. Neutra
Das neue Programm für die amerikanischen Botschaften
(Seite 32)
Die Vereinigten Staaten beginnen derzeit einen langfristigen Plan : in mehrals dreissig Ländern bauen sie Botschaften. Die neuen Botschaften haben grosse Bedeutung. Sie vertreten die USA, indem sie gleichzeitig auf den Baustil der Gastländer Rücksicht nehmen. Die Staatsverwaltung leitet den Bauplan. Ihre Mitarbeiter sind hervorragende Architekten und Diplomaten, worunter sich Walter Gropius, Richard Neutra, Eero Saarinen, José Luis Sert und Edward Stone befinden.
Jeder Architekt wurde eingeladen, die Lage der Botschaft zu besichtigen. Er studierte die Ortsbeschaffenheit, er bemühte sich, die Einwohner und ihre Sitten zu verstehen.
Er stellte die historische Bedeutung der Umgebung fest. Diese Studien haben den Architekten erlaubt, allgemeine Richtlinien in Übereinstimmung mit der einheimischen Kultur aufzustellen.
Das berühmte Taj Mahal beeinflusste Edward Stone zu seinem Entwurf der Botschaft in Neu-Delhi. Der Künstler prüfte auch Einzelheiten und Farben der indischen Gewebe.
Das Haus des Führers eines afrikanischen Volksstammes brachte den Baumeister Harry Weese von Chicago auf das Motiv der Botschaft in Accra. Bei seinem Aufenthalt in Ghana sah Weese ein Bild dieses merkwürdigen Hauses. In den Linien der Säulen, welche die Zinne und das Dach der Botschaft tragen, wirken die Formen der speerförmigen Fialen nach.
Lange reiste John Carl Warnecke durch Ostasien um die Formen der asiatischen Kunst zu betrachten. In Bangkok wohnte er einer alten, stattlichen Feierlichkeit bei: jeder Teilnehmer erhielt einen mit prächtigen Blumen gefüllten Korb, den eine Kerze und ein Weihrauchstäbchen zierten. Die Teilnehmer legten die Körbe in den langsam fliessenden Kanal, der diese mit ihren zuckenden Lichtern im Schein des Vollmondes abwärts führte. Diese Feier machte grossen Eindruck auf Warnecke. Er bemühte sich, ihre Stimmung von neuem zu schaffen und zeichnete eine Struktur, welche auf dem Wasser eines lotosförmigen Sees zu schwimmen scheint.
Die örtliche Suche brachte Ideen ; ebenfalls hat sie die Harmonie der Bauten mit der Umgebung gesichert. Francis Lethbridge meint, dass die Farbe der Schlüssel einer gelungenen Beziehung sein kann. So hat er für Lima/Peru ein Handelsgebäude ausgeführt, dessen lebhafte Farbe an die Erde in der Stadt und an die nahe Wüste erinnert.
Eero Saarinen stand vor dem Problem, eine Zeichnung anzufertigen, die im Einklang mit der Epoche König Georgs V und dem Grosvenor Square steht. Seine Lösung : eine Hauptseite mit Gitterrahmen aus Beton, die sich an den Boden klammern ; Rhythmus, Symmetrie und Masstab erinnern an das 18. Jahrhundert. Der Ausdruck der Struktur aber fliesst aus den Regeln der modernen Baukunst. Der Kritik der « London Time » nach, bedeutet das Gebäude einen willkommenen Beitrag zu dem sich verwandelnden Antlitz des Stadtteiles Mayfair.
Zwar haben die Baumeister ihre Inspirationen aus der Quelle der lokalen Ge-
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bräuche geschöpft, sie sind aber keineswegs diesen Gebräuchen unterworfen.
Walter Gropius, der die Botschaft in Athen schuf, war sich dieser Gefahr bewusst und schrieb : « Am Hang des Lykabettos gebaut, wird das Haus den klassischen Geist des Ortes ausdrücken, dieser Geist jedoch wird eine zeitgenössische Ausdrucksweise benützen. Trotz des Hofes und den Säulen stellen die Bauelemente einen modernen Charakter dar. » Der Plan für die Botschaft in Karachi (Pakistan) stammt von Richard Neutra.
Seine Überzeugung : Die modernste Zeichnung zu entwerfen ist für den Baumeister die beste Art, einem neuen Lande seine Bewunderung zu zeigen. Da die Staatsverwaltung ihren Baumeistern die grösstmöglichste Freiheit liess, stellen die Bauten die ganze Stufenleiter derzeitiger Baukunst dar. Durch eine Funktionszeichnung äussert die von Neutra geschaffene Botschaft den Glauben des Schöpfers.
Minoru Yamasaki entwarf für Kobe ein Konsulat. Das Gebäude spricht für den Baumeister und bringt seine Liebe zur Schönheit zum Ausdruck. Der Künstler hat den Bauten und Gärten die visuelle Einheit gegeben, die das Kennzeichen der besten japanischen Baukunst ist.
Die Staatsverwaltung leistete der amerikanischen Architektur einen grossen Dienst, indem sie darauf drang, dass die Architekter sich mit der örtlichen Beschaffenheit der verschiedenen Stätten vertraut machen.
Durch die neuen Auffassungen wurden die Baustudien vieler anderer Architekten der USA bereichert. Von nun an werden die Amerikaner grössere bauliche Schönheiten um sich sehen, Schönheiten, die aus zahlreichen, kulturellen Traditionen hervorgehen.
Jean Tschumi, 1904-1962
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(Seite44)
Im Jahre 1948 war Jean Tschumi Professor in Lausanne, wo er die Städtebau- und Architekturabteilung der neuen Technischen Hochschule führte. Im Jahre 1934 hatte er bereits ein Büro in Paris eröffnet.
Dort hatte er beim alten berühmten Meister Pontremoli studiert. Zu dieser Zeit, welche für die jungen Architekten besonders schwer war, widmete er sich vor allem der in Frankreich sog. Dekoration, die die Begriffe : Inneneinrichtung, Ausstattung und Einrichtung von Geschäften umfasst. Er arbeitete namentlich mit Ruhlmann, bevor er zum künstlerischen Leiter der Firma Edgar Brandt ernannt wurde.
1937 bekam Jean Tschumi einen Ehrenpreis für den Plan zum Ausbau des unterirdischen Verkehrs in Paris. Er nahm noch an verschiedenen Wettbewerben teil, hielt Vorlesungen und schrieb einige Artikel — die sich meistens auf allgemeine Probleme des Städtebaues bezogen. Er lebte wie viele andere seiner Kollegen in der Schweiz und in Frankreich, die vor dem zweiten Weltkrieg in den Beruf getreten sind. Und bis zum Jahre 1948 hatte der schon über vierzigjährige Baumeister so gut wie nichts gebaut.
Tschumi wurde dank der vielen gleichlaufenden Tätigkeiten, die er unternahm, bekannt. Den Menschen, den Lehrer, den
Organisator haben wir zuerst an ihm kennen und schätzen gelernt; über den Wert des Architekten wussten wir noch nichts.
Und dann die erste Entdeckung : das Laboratoriumsgebäude Sandoz in Orleans (1949-1952). Von Auguste Perret noch stark beeinflusst, zeigte sich Tschumi doch schon als voll gültiger Architekt.
Seine Gestaltung ist klar und die Konstruktion wirkt geradezu klassisch. Die Struktur ist sicher; die Materialien sind logisch angewandt. Die Form zeigt Funktion, Rhythmus, Ebenmass. Die Aufrisse und die Genauigkeit der Ausführung lassen eine starke Persönlichkeit erkennen. Das Verwaltungsgebäude der « Mutuelle Vaudoise » in Lausanne bestätigt die Eigenschaften, die die Laboratorien Sandoz schon ahnen liessen. Der Charakter Tschumis behauptet sich, der Einfluss von Auguste Perret ist zum Glück nicht verschwunden. Er wirkt nach und äussert sich mehr in der Haltung und in den Grundsätzen als in der Form.
Der Künstler strebt nach Anpassung an die Landschaft indem er die natürliche Pracht als einen wunderbaren Rahmen für seine Werke benützt.
Bei dem Wettbewerb zum Bau der « Mutuelle Vaudoise Accidents » ging Jean Tschumi 1951 als erfolgreichster Teilnehmer hervor und wurde mit dem Bau des Gebäudes beauftragt. Das folgende Jahr erhielt er — ebenfalls auf Grund eines Wettbewerbes — den Auftrag zum Bau des Schweizer Spitals in Paris. Doch ist der Architekt nicht mehr da, die Pläne liegen unangetastet im Atelier.
Seine Welt-Berühmtheit erlangte Tschumi durch den Bau des Nestlé-Gebâudes in Vevey. Man erkennt die gleichen Charakterzüge wie beim Bau in Lausanne. Wenn sich sein Stil auch nicht geändert hat, tat Tschumi doch einen Schritt vorwärts.
Man kann dieses Gebäude nicht etwa als « genial » bezeichnen, doch strebte Tschumi gewiss nicht nach Genialität. Er sucht das Vollkommene, nicht die Neuheit.
1960 ist ein grosses Jahr für Jean Tschumi.
Für sein Gebäude in Vevey erhält er den Reynold-Preis.
Dann wird ihm durch die Jury des internationalen Wettbewerbes für den Sitz der OMS der erste Preis zuerkannt. Noch einmal zeigt das Projekt einen anständigen, ehrlichen Künstler, der beharrlich versucht, alle Fragen zu beantworten.
Inmitten seines Schaffens wurde Jean Tschumi seiner Familie, seinen Freunden, seinen Studenten, seinen Arbeiten und dem Beruf entrissen. Er hatte noch viele andere Bebauungspläne gefasst. Derbedeutendste ist vermutlich das Gebäude der SOPAD in Paris und der 225 Meter hohe Turm von Lausanne, die ein völlig neues Gesicht des Architekten erkennen lassen.
Nie hat Tschumi seinen Grundsatz vergessen, den er stets in der UIA (Union Internationale des Architectes) verteidigte.
In den Jahren 1953 bis 1957 war Jean Tschumi Präsident dieser Organisation.
Dieser Grundsatz hiess : die erste Pflicht des Architekten ist seine soziale Aufgabe.
Durch diesen Leitspruch nahm er auch am Städtebau regen Anteil.
Seiner Liebe zur Architektur war alles untergeordnet und er opferte vieles dafür.
Pierre Vago
Das Werk von Le Ricolais (Seite 68) Le Ricolais war lange Zeit ein Einzelgänger, von dem nur einige Artikel bekannt waren.
In den Vereinigten Staaten fand er dann das wissenschaftliche Klima, in welchem sich das Werk experimental entwickeln konnte.
Wovon ist die Rede? Im wesentlichen von Form- und Raumbegriffen. Für den Mathematiker der Strukturen ist die Natur ein lehrreiches Buch und Le Ricolais hat die Natur viel beobachtet.
Die Grundlage zu einem Werk entsteht z. B. aus der Betrachtung von Wasserprotozoen (Strahienzeliinge) die eine wunderbare Zeichnung aufweisen. Diese Protozoen bestehen aus wiederholten Musterformen. Diese Wiederholung der Formen bildet einen Raumstrukturenkomplex, dessen geometrisches System zu einem Denken zwingt, das sich ausserhalb der Normen entwickelt. So können Analogien zwischen den natürlichen Strukturen und den geometrischen Strukturen dreidimensionaler Netze erscheinen.
Le Ricolais aber beobachtete die Strahlenzellinge, weil er sich mit gewissen mathematischen Grundlagen beschäftigte. Er befasste sich mit jenem Fach der Mathematik, das man Topologie nennt, und welches eine Entwicklung der alten « Analysis situs » ist. In der Topologie bedeutet zwar der Begriff des Masses wenig, es liegt vielmehr am Wesen der Form selbst. So spaltet sich der Raumbegriff vom Flächenbegriff.
An der Universität von Pennsylvania nahm Le Ricolais 1957 das den Physikern bekannte Experiment mit Seifenblasen wieder auf. Es handelt sich um das Studium einer dünnen Haut mit geschlossenem Umriss.
Das Werk von Le Ricolais greift in das Herz der Natur mit Hilfe der Mathematik ein.
Den Strahlenzellingen und Seifenfilmen entspringen Angaben, welche die Schaffung neuer baulicher Formen ahnen lassen. Die Anwendung der Erkenntnis von Le Ricolais kann vom Stauwerk bis zum Bau der Raketen führen. Die unmittelbare Ausnützung ist dabei nicht wesentlich, das Werk bleibt experimental. Es eröffnet neue Wege und Möglichkeiten von denen sich noch träumen L. Prébandier Die Ausbildung des Architekten
(Seite 74)
Die AufgabezDie Ausbildung eines Architekten zu behandeln, setzt zuerst eine richtige Anschauung seiner Aufgabe voraus: er soll den äusseren Rahmen des Menschen schaffen.
Dieser Begriff geht jedoch sehr weit. Die Sorgen des Architekten sind die gleichen, wie die des Städteplaners und des Ingenieurs.
Um die richtige Form für die Bedingungen der sich entwickelnden Welt zu bestimmen, muss man zuerst den Menschen kennen lernen : seine Gedanken, seine Verlangen, seine geistigen und leiblichen Ansprüche.
Die Lehrweise: Trotz einer gewissen Entwicklung des Architekturunterrichtes bleibt der Einfluss des « Bauhauses » von Dessau noch fühlbar. Der Grundgedanke von Gropius ist noch unübertroffen.
Ein System: Der gegenwärtige Beitrag bezweckt nicht die Umkehrung des Architekturunterrichtes. Er versucht nur gewisse Gedankengänge klar zu machen und liefert
eine bequeme, graphische Ausdrucksweise, einen dienlichen Dolmetscher in Hinsicht auf die wiederholten Besprechungen über die zu verbessernde Lehrweise. Auf dieser systematischen, absichtlich vereinfachten Grundlage wäre es möglich die Diskussion gleich in ihrem Rahmen anzubringen und die Verschiedenheiten, Ausnahmen und Auffassungen zu unterstreichen. Es ist ein Mittel um den Gedankenaustausch zu erleichtern und zu beschleunigen.
Alle Sorgen des Architekten haben schliesslich Bezug auf den homo sapiens (Fig. 1), dessen Tätigkeiten sein Gepräge an sich tragen (Fig. 2). Die gleichen Probleme findet man auch auf dem Gebiet der Architektur, des Städtebaues und der Landesplanung (Fig. 3).
Der Stundenplan über das Unterrichtsprogramm der verschiedenen Schulen gibt eine objektive und genaue Auskunft, ohne dass man jedoch einen Schluss aus dem Grundcharakter des Unterrichtes ziehen könnte. Dieser wird durch die Persönlichkeit der Lehrkräfte bestimmt (Fig. 4).
Verteilung der Hauptaufgaben in 3 Abschnitte: Hier werden die Hauptaufgaben behandelt. Jede Abteilung ist mit den zwei anderen eng verbunden, sie wirken völlig ineinander. Auf jeder Stufe des Studiums sind die Hauptaufgaben, welche aus einer Abteilung hervorgehen, durch diejenigen der zwei anderen Abteilungen sozusagen bedingt (Fig. 5).
Allgemeine Unterscheidungsgrundsätze Einige Unterscheidungsgrundsätze des Unterrichtes werden hier in Erinnerung gebracht : — Der Gesamt-Überblick und das Studium der Details.
— Die vernunftgemässe, sachliche Erkenntnis und das gefühimässige Gestalten der Kunst im allgemeinen.
— Was für ständig, für wandelbar und entwicklungsfähig gilt.
Parallelismus in der Architektur und im Städtebau: Der Architekturunterricht, bei dem das Hauptaugenmerk auf die Gestaltung gerichtet ist, bildet die notwendige — wenn auch ungenügende — Grundlage für die Ausbildung zum Stadtplaner.
Vorschlag einer Musterschule: Die Schule für Stadtplaner wird einen Bestandteil der Baufachschule bilden. Letztere teilt sich in drei eng miteinander verbundene Anstalten : I. Anstalt für den Städtebau und die Landesplanung.
il. Werkstätte des Baufaches.
ill. Institut für die Rationalisierung in Bau und Technik.
Welches die Bedeutung der Programme sein mag, sollten besonders folgende Fächer gelehrt werden : I. Die Funktion : materielle und geistige Bedürfnisse des Menschen II. Die Form: Bestimmung des Baucharakters, der passenden Räume und Volumen III. Der Bau: Wahl der Baumaterialien; richtige, dauerhafte und sparsame Verwendung.
Gruppenarbeit: Drei spezialisierte Assistenten (einer pro Anstalt) würden jedem Werkführer der Baufachschule beistehen.
Die dreiteilige Struktur wird also die Verschiedenheit der Probleme in drei Abteilungen den Studenten klar machen. Die Synthese der getrennten Fächer wird dem Anfänger dringend nötig erscheinen. Dafür wird der Werkstättenleiter sorgen, welcher Abteilung der Student zugeordnet wird.
Lehrwerkstätten: Die Laboratorien des Forschungsinstitutes sind für die Schaffung durchstudierter Bauelemente zur Rationalisierung der Technik für die Industrie von grossem Nutzen. So ist den Studenten Gelegenheit gegeben, Fühlung mit Facharbeitern zu nehmen. Der alte Werkhof des Bauhauses würde so vorteilhaft ersetzt werden (Fig. 6).
Vorschlag eines Programmes zur Ausbildung des Stadtplaners: Zu dieser Ausbildung sind 3 Stadien vorgesehen (Fig. 7) 1. Stadium: Universitätsstudium zur Allgemeinbildung, leichte Spezialisierung in den beiden Semestern vor der Diplomarbeit, die der Student je nach Eignung wählt.
2. Stadium : nach einer praktischen Tätigkeit, KursefürdieDiplomierten. Diese Kurse werden von entsprechenden Anstalten organisiert.
3. Stadium: Im Kontakt mit den Schwierigkeiten wird sich der Stadtplaner, im Besitze von geistigen und menschlichen Eigenschaften als wahrer Führer einer Spezialistengruppe zeigen.
Zukunftsbild: Die Gerundbedingung jeder Entwicklung ist der Glaube an die Zukunft.
Es ist die Hoffnung auf eine bessere Welt, eine fortlaufende Anpassung an die neuen Erkenntnisse und auch eine soziale Entwicklung, die nach grösserer Gerechtigkeit strebt.
Die Erziehung : Die Bildung des Charakters des Studenten ist bedeutender als die Erwerbung derSchulkenntnisse, diezwangsläufig begrenzt sind. Gleich bei der Bearbeitung von verschiedenen Programmen werden die Studenten zur Verantwortung erzogen und dazu angehalten, objektive Kritik zu üben.
Lob der Gestaltung: Die Kunst der Gestaltung, diese wunderbare Fähigkeit, wird alle anderen beherrschen und sie sozusagen einschliessen.
Die Synthese von Funktion, Raum, Form und Technik bildet die eigentliche architektonische Gestaltung.
Die Aufgabe der Schule besteht darin, die Ausdrucksmittel und nicht die Ausdrucksweise zu lehren. Wenn die Menschen ihre Maske abgelegt haben, so sind sie nicht so sehr voneinander verschieden. Wenn jeder sich auf sich selbst besonnen hat (man ist ja am meisten wert, wenn man sich selbst ist) dann werden wir jene Einheit in der Verschiedenheit erreichen, welche die Welt erstrebt.
Prof. Paul Waltenspühl Die Ausdehnung der europäischen Städte (Seite 80) Die Zerstörungen des Krieges, das Anwachsen der Bevölkerung, die Verstädterung, die Vermehrung der Motorfahrzeuge haben die europäischen Städte vor unerwartete Probleme gestellt.
Wiederaufbau und Vergrösserung der Städte stellten vielseitige Fragen, deren Lösungen
ein langes Studium erfordern. Da die Zeit jedoch drängte, gab man sich mit dem Bau einfacher Reihenhäuser zufrieden. Die Vereinfachung wurde bald zur Gewohnheit.
Zwar sind die Bauprogramme noch so gefasst, dass die Ausdehnung der Städte durch Einfügen neuer Anlagen in den schon bestehenden Kern vor sich geht.
Hier liegt jedoch der Hauptfehler mehrerer Verwirklichungen, die als mustergültig gezeigt werden : die Neuanlagen der Stadt fügen sich keineswegs als ein Bestandteil des früheren Ortes ein. Die scharfe Spaltung mit der Vergangenheit verrät den Verlust des historischen Sinnes und zeigt geradezu die Lücken unserer Zivilisation auf.
Dem Städteplaner steht es zu, die Vertrautheit des Menschen mit der Architektur von neuem zu gewinnen. Weg mit der elementaren Würfelform, welche die modernen Stadtbilder kennzeichnet! Ist man nicht gerade dabei, den Wert der Strasse wiederzufinden, wo die Wohnblöcke etwas aufgelockert sind? Die Fähigkeit, trotzdem freien Raum in den Städten zu schaffen, muss erst erworben werden. Eine gründliche Neuorientierung ist erforderlich, wobei das Resultat noch absolut unsicher ist.
André Corboz Die Erneuerung der Städte
(Seite 100)
Mit wie unzulänglichen Ideen, mit welch ungenügenden Mitteln in den wichtigsten Dingen operiert wird, kommt stets wieder zum Vorschein, sobald die Menschheit als Ganzes betrachtet wird.
Seit je zielte das Bestreben des Menschen auf Nahrung und Wohnung. Durch die Jahrtausende hindurch verbesserten sich die Möglichkeiten ; jetzt, wo diese ins Ungeahnte gestiegen sind, stehen wir vor der Feststellung, dass die eine Hälfte der Weltkugel mit Entfettungskuren beschäftigt ist, während die andere an Unterernährung leidet. Andererseits wurden gewaltige Städte gebaut, doch mit der Wohnlichkeit ist es dahin. Die einstige Not der Menschheit dauert an.
Im Städtebau wurden Mittel und Wege zur Besserung gesucht. Reichlich spät jedoch.
Erst als das Dasein der eigentlichen Städte bedroht war, meldeten sich die Städtebauer.
Denn Städte gibt es im früheren Sinne nicht mehr, es gibt nur noch bewohnte Regionen. Und eben jetzt, wo diese Feststellung deutlich wird, ereifern sich kühne Köpfe an Neugründungen von Stadtanlagen, womöglich noch in Wüstenstrichen !
Längst hat der Architekt Gert die Bedrohung der Städte dargelegt, und zwar auf Grund der Arbeiten der Internationalen Kongresse für Neues Bauen C.I.A.M., welche im Jahre 1933 in Athen zahlreiche Städte auf ihre wesentlichen Funktionen hin untersucht hatten. Doch war bald klar, dass ein Stadtgebilde ohne Herz, ohne Zentrum, ein Unding sei. Leider wurde mit falschen Massstäben gemessen. Was in einer mittleren Stadt möglich ist — und das war's ja was den Kongressteilnehmern vorschwebte (Venedig, Priene, Rom), — das ist in einer Riesenstadt ausgeschlossen. London mit über 8 Millionen, das städtische Ruhrgebiet mit etwa 12 Millionen, Tokio mit 20 Millionen, Sao Paolo mit einer jährlichen Zunahme von
200 000, Paris von 150 000 Einwohnern schlagen ein solch wohlgefügtes Zentrum zunichte. Ebenso die chinesischen Millionenstädte, die uns kaum dem Namen nach bekannt sind.
Dagegen wurden wichtige Meliorationen von Städten verschiedentlich versucht, so in Brescia zu Mussolinis Zeiten, in Lausanne dank den Entwürfen des Architekten Vetter bei Ausnützung der Höhenunterschiede oder bei der grossmasstäblichen Neugestaltung des Messegeländes durch Professor J. Tschumi.
Wichtig ist, dass die Idee der in sich begrenzten Stadt, die aus dem Mittelalter stammt, endgültig fallen gelassen wird.
Ein weiteres Mittel der Stadterneuerung wurde mit den sog. Trabantenstädten versucht; in Frankfurt war schon 1928 der Versuch endgültig als gescheitert betrachtet. Die Mutterstadt bleibt stets Zentrum.
Der Zwischenraum bis zu den Nebenstädten füllt sich allmählich mit Bauten aus und das Resultat ist ein ins Grosse gesteigerter Stadtgürtel mit einer noch akuteren Verkehrsnot. Anders sind selbständige Neugründungen von Städten zur Entlastung der Hauptstädte: so plant Frankreich zur Zeit etwa fünf Städte im Südosten, im Norden, im Nordwesten, von denen die Anlage für 100 000 Einwohner bei Toulouse (Arch.
Candilis) die ansprechendste ist. In Amerika wird die Insel Welfare im East River besiedelt: 70 000 Einwohner. Die 3 km lange und 250 m breite Insel wird mit einer Betonplatte überdeckt; darüber Wohn- und öffentliche Bauten, 8 bis 30-stöckig, darunter die Verkehrsanlagen; keine Autos.
Die Architekturabteilung von Columbia hat eine Neuanlage für Dallas ausgearbeitet.
Jede Neuanlage bildet im Lande ein Geschwür mit allen Nebenerscheinungen und Nachteilen einer eigentlichen Krankheit.
Es ist also mit noch so ausgeklügelten Projekten nicht getan, denn diese laufen alle letzten Endes auf eine Art spielerische Ornamentik des Städtebaues hinaus. Auch sind Verkehrssanierungen der Städte nur billige Ausreden und im besten Falle kostspielige ärztliche Beratungen bei offensichtlich todkranken Patienten. Bei den heutigen Millionenansammlungen von Menschen, jenen Geschwülsten verderblichster Art, ist es nicht ausgeschlossen, dass die Städtemonstren über kurz oder lang an der eigenen Überentwicklung zu Tode ersticken.
Doch wie! In China ist das Mittel entdeckt worden. Es werden 30 Millionen Menschen aus den Städten aufs Land ausgesiedelt. — Der Mensch, der sich vom Tier durch Jahrhunderte hindurch langsam zum Individuum heraufentwickelt hat, sinkt durch die Wirkungen des sogenannten Fortschrittes langsam in den Zustand des sozialen Wesens, der Gruppe zurück, wird zur Masse und endlich zur Herde.
Sind die heutigen Wohnbezirke noch Städte, wo gleiche Bürgerrechte und -pflichten herrschen, oder sind es nicht Riesenanhäufungen, wo es von einer neuen Art Lebewesen ohne heimatliche Zugehörigkeit wimmelt?
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Hier beginnt das Verhör der Städte- und Landesplaner.
H. R. Von der Mühll
Die alte Welt auf der Suche nach ihrem Strassenverkehrsunterbau (Seite 108) Europa, das man mit Recht die alte Welt nennt, musste viele Befürchtungen und Vorurteile überwinden, bis es sich mit beängstigender Verspätung zum Bau von Autostrassen entschloss.
Zwischen den beiden grossen Weltkriegen begannen Italien und Deutschland mit aller Energie den Ausbau eines Strassennetzes für Automobile. Nach dem zweiten Weltkrieg gingen diese beiden Länder wieder standhaft an die Verwirklichung ihrer Pläne.
Der Lohn für diese Arbeit blieb nicht aus: Deutschland, mit mehr als 3000 km Autobahnen (vierbahnig, mit Grünstreifen) hat den ersten Rang in Europa eingenommen und den zweiten Rang in der ganzen Weit nach den USA errungen. An dritter Stelle kommt Italien mit 1600 km. Hier darf man jedoch nicht vergessen, einige beträchtliche Strassenteiie zu nennen, die nahezu vor ihrer Vollendung stehen, sowie 1016 km Autobahn, die im Zuge der Notstandsarbeiten ausgeführt werden.
Seit mehreren Jahrzehnten schon verlangen die Autofahrer und amtliche oder andere Vereinigungen Autostrassen. Alle brachten Gründe vor, die von den massgebenden Stellen nie geleugnet wurden. Der langsam arbeitende Verwaltungsapparat dieser Länder nahm jedoch keine Rücksicht auf die Dringlichkeit dieser Bitten. In Deutschland waren es die Kriegsschäden, in Italien das Prestige, und auch in den anderen Staaten gab es Schwierigkeiten. Die Flüssigkeit und die Sicherheit des immer dichter werdenden Verkehrs warfen tragische Probleme auf, die leider unbeantwortet blieben. Die Fremdenindustrie gab dann in fast allen Ländern zugleich den Auftakt. Sie bietet den grossen und einzigen Vorteil, fremde Devisen ohne Gegenposten in die inländischen Kassen zu bringen. Um die Touristen anzulocken braucht man natürlich moderne Strassen und gute Hotels. Deutschland und besonders Italien haben bewiesen, dass sich das Geschäft lohnt. Im Osten und Westen bauen nun arme und reiche Länder Autostrassen.
Eine neue Zeit im Strassenverkehr ist angebrochen, der sich jetzt unter günstigen Bedingungen entfalten kann.
Frankreich, Belgien, Holland, England, Jugoslawien, Österreich und sogar die Schweiz verwirklichen mehr oder weniger rasch ihre Bauprojekte. Auch Ungarn und Bulgarien nehmen an der Entwicklung teil.
Bald wird also das Auto über Strassen verfügen können, auf die es seit mehr als fünfzig Jahren wartet.
H.-F. Berchet Die klassische islamische Architektur (Seite 134)
Das Kennzeichen der omeyyadischen Moschee: ineinanderübergehende Raumgestaltung.
Die klassische Periode islamischer Kunst fällt in das achte und neunte Jahrhundert unserer Zeit. Unter der Herrschaft der omeyyadischen und abbassidischen Kalifen fand die muselmanische Architektur ihre eigene Sprache. Die omeyyadische Moschee ist das eigenwilligste islamische Bauwerk.
Sie besteht aus drei Grundelementen : dem Sanktuarium, das hier eine rechteckige,
meist breiter als lang gebaute Gebetshalle bildet, dem daran anschliessenden Hof und einem diesen Hof auf den drei übrigen Seiten umschliessenden Säulengang.
Wenn auch diese verschiedenen architektonischen Elemente ihren Ursprung in der römischen und sassanidischen Kunst haben, wäre es verfehlt, daraus auf eine einfache Nachahmung zu schliessen. Weder der Einfluss der vorhergehenden Architektur, noch die Wiederverwendung römischer Baumaterialien erklärt auf befriedigende Weise das Auftreten dieser Formen. Äussere Formgestaltung sowie Innenraum sind neu und ergänzen sich bei der klassischen Moschee auf originelle Art.
Die genaue Betrachtung der Bauwerke, die auf die ersten Jahrzehnte des Hedschra zurückführen (die sogenannte Omar-Moschee in Jerusalem, die grosse Moschee in Damaskus, die Amr-Moschee in Fostat, die Moscheen von Cordoba, Kairouan, von Samarra und schiussendlich Ibn Touloun in Fostat) zeigt die Fortschritte der islamischen Architektur. Diese entwickelt im neunten Jahrhundert die Fülle ihrer echtesten Ausdrucksmöglichkeiten. Die im Jahre 876 errichtete Moschee Ibn Touloun — so genannt nach dem ägyptischen Gouverneur Ahmed Ibn Touloun — bildet ein Quadrat mit einer Seitenlänge von 162 m und wird von 160 Pfeilern getragen, die in hohe Spitzbogen auslaufen. Diese Spitzbogen ähneln leicht den maurischen, sind seitlich jedoch kaum merkbar ausgebuchtet. Die Wiederverwendung von Baumaterialien fällt hier weg und die Einführung von Ziegelsteinen zeigt eine Anlehnung an die irakische Tradition.
Es gibt zwei Arten klassischer Moscheen : bei der einen verlaufen die Schiffe der Gebetshalle in die Breite nach dem Vorbild von Medina (Damaskus und Ibn Touloun), die andere Art zeichnet sich durch mehrere parallel verlaufende Längsschiffe aus (Amr, Kairouan, Cordoba und Abou Dolaf).
Obwohl beide Arten Innenraum eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen, begegnen wir hier dennoch zwei verschiedenen Möglichkeiten von Raumbenützung. Die Gebetshalle mit Querschiffen ist eine Flucht einheitlicher, miteinander verbundener Räume, während die Gebetshalle mit Längsschiffen eher als einziger grosser Raum empfunden wird, unterbrochen durch einen Wald von Pfeilern. In beiden Fällen jedoch gestatten die Räume strahlenförmige Durchblicke in alle Richtungen. Der Besucher dieser Moscheen hat den Eindruck unbegrenzter Weite, in der er sich zwischen den Säulen kreuz und quer ungehindert bewegen oder seinen Blick umherschweifen lassen kann. Dieser gewollte Eindruck entspricht ganz dem Nomadencharakter der Araber. Es wird hier versucht, die Unendlichkeit des Horizontes auszudrücken. Tatsächlich ist es schwierig, die Grenze dieser Gebetshallen wahrzunehmen, da sich dem Blick zahlreiche Säulen entgegensetzen. Die Moschee ist die Verkörperung unbegrenzter, dynamischer Raumvorstellung, wie sie für die frühe arabische Kultur charakteristisch ist.
Da die Raumbegrenzung nicht stark bezeichnet wird, verliert auch die Fassade ihre Bedeutung. Die Hauptfassade der Gebetshalle, die Horizontale betonend, ist unterbrochen durch ein Arkadensystem und
bildet somit nicht eine abrupte Trennung zwischen Innen- und Aussenraum. Diese ineinanderübergehende Raumgestaltung ist kennzeichnend für alle klassischen Moscheen. Die undeutliche Abgrenzung von offenem und gedecktem Raum bewirkt eine Vermischung dieser beiden Volumen. Die Moschee hat diesen Zug gemeinsam mit den fortschrittlichen Bestrebungen der heutigen Architektur.
Die häufige Verwendung von querverlaufenden Hallen sowie die breite, horizontale Anlage der Gebäude ist typisch arabisch: in Massen sich fortbewegende Nomaden in der Wüste gruppieren sich nicht in Zügen, sie sind nicht gezwungen, auf Strassen zu marschieren, sondern sie bilden eine breite Front. Die Araber hatten sich daran gewöhnt, sich auf grossen Flächen auszubreiten. Diese Angewohnheit wurde auch bei der Anordnung der Gläubigen während der Ausführung ihres Gebetes beibehalten und entsprechend auf die Architektur der Moschee übertragen.
Mit den Fatimiden, den Mamlouks und den Seldjoukiden sind unter dem späteren Islam diese architektonischen Formen verschwunden, was der beste Beweis dafür ist, dass diese Art Raumvorstellung aus dem Überleben nomadischen Geistes hervorgeht.
Henri Stierlin Die Beziehungen zwischen den bildenden Künsten (Seite 146) Unter diesem bescheidenen Titel verbirgt sich eines der ernstesten Probleme, das die Entwicklung der Jetztzeit gestellt hat. Es fehlt heute an den eigentlichsten Werten auf dem Gebiete der bildenden Kunst. Der Mangel an ästhetischer Verfeinerung hat manche gebildete Menschen dazu geführt zu meinen, es sei von der heutigen Zeit nichts Besseres zu erwarten. Dieser Verzicht hat eine übertriebene Wertschätzung der Werke aus der Vergangenheit zur Folge, was nicht zur Verbesserung des Bildes unserer Zeit beiträgt.
Ausser ihrem geschichtlichen Wert gemahnen uns wohl die vergangenen Stile daran, dass wir keine ebenbürtigen Gebäude zu schaffen vermocht haben. Die Schwächen liegen nicht nur im Aussehen eines Baues, sondern in seiner inneren Haltung. Unser Jahrhundert verfügt über weit höhere technische Mittel als die Vergangenheit. Wir vermögen weite Räume stützenlos zu überspannen ; es gibt Einrichtungen zur Versetzung sehr grosser Bauteile. All diese technischen Vervollkommnungen haben das Gesicht der Architektur von Grund auf verändert, und zwar sind diese Änderungen so rasch, dass die Architektur die Stabilität früherer Stile nicht beizubehalten vermag.
Nur hat die Erfindung in gestalterischer Hinsicht mit diesem Reichtum an äusseren Mitteln nicht Schritt gehalten.
Einige wenige Künstler haben ihren Ideen einen schwungvollen Ausdruck zu geben vermocht; doch ist das Niveau der Gestaltung unglaublich mittelmässig.
Das Bild, das uns umgibt, ist meist von einer betrüblichen Hässlichkeit. Unsere Zeit hat in den grossen Planungen versagt und war nicht imstande, sich an Architekten und Künstler zu wenden, die einen zeitgemässen Städtebau hätten verwirklichen können.
Wenn eine Rangfolge in den Künsten errichtet werden sollte, so wäre dem Städtebau der erste Platz einzuräumen.
Alle grossen Kulturen der Weltgeschichte haben ihre Werke in die Umgebung einzufügen verstanden. Der Parthenon hat den Ruhm der griechischen Kultur nicht nur durch seine Architektur begründet, sondern der Standort auf der Akropolis war daran mitbeteiligt. Die grossen Städte des Altertums haben stets die Schönheit der Lage ausgenützt, und wo sie nicht besonders charakteristisch war, wurde durch die Stadtbaukunst der grosse Rahmen dazu geschaffen.
Kein Zeitalter hat so viel über Städtebauprobleme gesprochen wie das unsere, doch keines hat so wenig befriedigende Lösungen gefunden. Selbstredend machen wir in unseren pessimistischen Betrachtungen Ausnahmen und begrüssen die mutigen Versuche von Chandigarh und Brasilia und einige andere. Doch auch da zeigen sich grosse Schwächen. Es genügt nicht, dass ein genialer Bauherr eine neue Gestaltung fördert, es müssen noch Künstlergruppen gebildet werden, deren wirkliche Kenntnisse in formaler Hinsicht durch dauernde Mitarbeit alle Einzelheiten zu beherrschen und zu behandeln vermögen.
Neben den Städtebauern und den Architekten braucht es Maler und Bildhauer; doch diese wurden längst auf andere Aufgaben, die wohl lohnend, aber allzu beschränkt sind, verwiesen. Die Maler verfertigen Bilder von mehr oder weniger grossem Format, doch berühren diese Werke die Gesellschaft in geringem Masse.
Die Werke werden wohl von Sammlern oder Museen angeschafft, falls sie besondere Werte aufweisen, doch tragen sie keineswegs zur Veredlung des Gemeinwesens bei.
Was die Bildhauer betrifft, so schrumpft ihr Betätigungsfeld zusehends. Beide Kunstgattungen sollten für die Bearbeitung der grossen menschlichen Aufgaben hinzugezogen werden, und die Städtebauer und Architekten sollten selber Künstler von vollausgebildeter Gestaltungskraft sein. Der baulich bewanderte Architekt kann gewiss in technischer Hinsicht grosse Dienste leisten, doch verfügt er nicht über die entsprechenden Kenntnisse, um eine gültige Architektur zu schaffen.
Es herrscht eine grosse Verwirrung inbezug auf die Verleihung des Diploms an Architekten. Ein wirklicher Gestalter brauchte ja eigentlich keinen Titel, obschon er ohne diesen nicht befugt ist, zu bauen. Wenn aber dieTrägervon Diplomen bereit wären, einen grossen Teil ihrer Zeit den eigenen Studien und Nachforschungen zu widmen, so wäre dies ihrer Erfindungsgabe und ihrem Gestaltungsvermögen zuträglich.
Wie soll man fruchtbare Beziehungen zwischen gestaltenden Künstlern hersteilen?
Im Jahre 1950 wurde zu Paris die Gruppe « Espace » (Raum) gebildet, welche Städtebauer, Architekten, Maler, Bildhauer und Kunstgewerbler in der Absicht, mit vereinten Kräften der Welt neue Werke von bleibendem Wert zu bieten, versammelte.
Dank dem Wirken dieser Gruppe sind neue Ideen gefördert und in manchen Ländern zahlreiche Erfahrungen gemacht worden. Es soll nicht vergessen werden, den früheren Bestrebungen lobend zu gedenken, vorallem
denen der holländischen Gruppe « de Stijl », die in den Jahren 1917 bis 1935 tatkräftig wirkte. Maler wie van Doesburg, Mondrian ; Architekten wie Rietveld, Oud ; Städtebauer wie van Eesteren haben zu der Vereinfachung der Formen Vieles beigetragen: Rechtwinkligkeit und Elementarfarben waren die Grundtendenzen. Das «Bauhaus» in Deutschland hat diese Bestrebungen mit Erfolg weitergeführt.
Unter den Arbeiten der Gruppe «Espace» seien hervorgehoben : die farbigen Gestaltungen von Del Marie für Industrieprodukte, die kühnen Versuche des Architekten Villanueva für die Universität Caracas, die Arbeiten des leider zu früh verstorbenen Architekten Tschumi in der Schweiz und schliesslich die Werke zweier moderner Architekten im Iran.
Wenn die bildenden Künstler zur Mitarbeit bei Bauten herangezogen werden sollen, so müssen diese Bauten zum mindesten qualitativ etwas darstellen. Le Corbusier hat bisher ganz allein versucht, die Künste an seinen eigenen Bauten zu integrieren.
Sowohl am Schweizer Haus der Pariser Cité universitaire als am Wohnblock in Marseille, an der Kirche zu Ronchamp oder am Kapitol von Chandigarh hat der Architekt die farbige Gestaltung, die Fenster und den plastischen Schmuck allein besorgt. Es dürfte allerdings eine gewisse Ungleichheit in der geistigen Auffassung bestehen zwischen dem Architekten und dem Künstler Le Corbusier.
Zahlreiche andere Versuche werden heutzutage unternommen, doch ist das Resultat oft fraglich: so z. B. bei der Universität Mexico, wo den bildenden Künstlern ein weiter Spielraum zugestanden worden ist.
Wenig überzeugend sind diese Werke; sie werden wohl kaum unserer Epoche zur Ehre gereichen.
Oskar Niemeyer hat des öfteren Künstler zur Mitarbeit herangezogen, jedoch ohne eigentliche Richtlinien. Waiter Gropius, der verstorbene Eero Saarinen und der japanische Architekt Tange haben die Wichtigkeit der Mitarbeit der einzelnen Künstler erkannt.
Der Bau des Palastes der UNESCO in Paris hätte eine seltene Gelegenheit sein können, die enge Mitarbeit zwischen Architekten, Malern und Bildhauern zu belegen. Leider wurde sie verpasst. Die an sich recht ansprechende Architektur kann nichts als ein wohlgelungenes Beispiel betrachtet werden, während die den Künstlern nachträglich bestellten Werke an unpassenden Standorten aufgestellt zu sein scheinen. Und dies wird als der Ausdruck unserer Zeitepoche betrachtet werden. Ist das wirklich, was wir ersehnt haben ?
Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass das Zusammenwirken der verschiedenen Kunstgattungen sozusagen gescheitert ist.
Vielleicht hat es an den zur Verfügung stehenden Mittel da und dort gefehlt, und es muss gesagt werden, dass nur in seltenen Fällen einige ernstliche Versuche aus voller Überzeugung gemacht wurden.
André Bloc Erste internationale Biennale der Tapisserie in Lausanne 1962 (Seite 152) Etwa 20 Länder haben an der vom 15. Juni bis 17. September 1962 in Lausanne abgehaltenen Ausstellung der Tapisserie teilgenommen. Es war die erste Kundgebung einer Kunst, welche lange «in Ohnmacht lag und seit zwanzig Jahren wieder lebendig wird und Funken sprüht», wie Jean Lurçat, der Präsident dieser ersten Ausstellung, sagt. Dank der im Vorjahr in Lausanne gegründeten Vereinigung CITAM (Internationales Zentrum der modernen und alten Tapisserie) konnte diese Biennale erstmalig abgehalten werden. Durch die Teilnahme von 20 verschiedenen Ländern konnten die Künstler, Kritiker und Kunsthistoriker bedeutende Vergleiche ziehen.
Die eindruckvollsten Werke waren : eine der letzten Tapisserien von Le Corbusier (28 m2), « La Poésie » (Das Gedicht) von Lurçat — ein Stück seines « Chant du Monde » (Lied der Welt), des grössten modernen Wandteppiches — und eine japanische Tapisserie, die mit Nägeln und nicht mit Kämmen gewoben wurde. Ferner sah man polnische Werke, eine Tapisserie in schwarz-weiss von Henri-Georges Adam, Arbeiten von Prassinos, Tourlière (Frankreich) und Denise Vo'ita (Schweiz).
Diese erste Biennale hatte nur Wandteppiche und monumentale Tapisserie zum Gegenstand. Für die nächste Ausstellung sind kleinere Arbeiten vorgesehen. Die gegenwärtige Ausstellung erlaubte uns, eine Bilanz zu ziehen, die sowohl die Schöpfer dieser Kunstwerke als auch die Veranstalter ehrt.
Formen und Schmucksachen von Irene Brynner (Seite 158) Der sich sehr rasch ändernde Formbegriff erscheint uns heute wichtig. Er lässt zwei wesentliche Seiten sehen: die eine mit mathematischen Abstraktionen, während die andere Seite mit der intuitiven Welt verbunden ist.
Man kann in der Baukunst den Formbegriff nicht vom Studium der Strukturen trennen.
Um fortzudauern muss der intuitive Formbegriff zu den neuen Forderungen passen.
Allerdings ertragen unsere Sinne die dekorative Belustigung nicht mehr. Sie sind unfähig, eine Form zu vergeistigen, die mit dem inneren, fast religiösen Bedürfnis nicht übereinstimmt. Es ziemt sich, eine Seele bis ins Ende ihrer Eigenheit zu erwecken. So erlebt sie die Entfaltung, die sie fühlbar macht.
Die Schmucksachen von Irène Brynner verkörpern unsere Rede. In ihrem Atelier in New York schafft die Künstlerin nach einer vollkommen neuen Technik ihre kostbaren Kleinode. Manchmal sind die Edelsteine wie Skulpturen gehauen. Oft bleibt das Gold matt, mitglänzenden Kimmen.Die Einfassungen folgen der gesamten Linie. Sie stehen nicht mehr mit der alten Tradition im Einklang. Die Schmucksachen sind einem echten Farben- und Lichtspiel ähnlich. Als Gegenstände, die sich dem Leben angliedern, finden sie ihren Masstab. Als Teil einer Persönlichkeit wirken sie in ihrer ausserordentlichen Pracht wie ein Magnifikat.
L. Prébandier Brief aus Frankreich
270
(Seite 225)
Das Studium eines Bauprogrammes ist in Frankreich eine wahre Gedulds- und Machtprobe. Architekten und Städteplaner begegnen den mannigfaltigsten Hindernissen, wie z. B.
Die Vorschriften: Die Vorschriften für öffentliche Gesundheit, Strassenbau, Bevölkerungsdichte, Baulinien, Sanierung, Unterbau usw. werden von Abteilungen ausgearbeitet, die keinen Kontakt unter sich haben und diese Arbeit nur in ihrem Zuständigkeitsbereich erledigen. So entstehen Formen und Monsterhäuser die keinen Kunstwert haben.
Die Verzögerungen durch die öffentlichen Stellen: Das Studium eines Projektes braucht Monate, ja sogar oft Jahre.
Nach unendlich komplizierten und aufreibenden Vorbesprechungen bekommt man endlich ein Ermächtigungsschreiben, (oder man bekommt es auch nicht !) welches die Verwaltung mit sichtlichem Bedauern auszugeben scheint.
Die Politik: Demagogische Pressekampagnen sabotieren gewisse Bebauungspläne. Oft ist die Eignung der Bauplätze von der Politik abhängig.
Die Kunden: Die französische Kundschaft verfügt über keinen Wertungssinn und bleibt der traditionellen Baukunst ewig treu (Steinbau, Mauerflächen, Eisenarbeit, Gesimse usw.) Trotz dieser ungünstigen Umstände sind sich die französischen Architekten der Notwendigkeit bewusst, einen zeitgenössischen Stil zu erfinden.
Zurzeit werden verschiedene Probleme erörtert, wie z.B. die Planungen der bevorzugten Zonen (ZUP von Toulouse, Hérouville usw.).
Zur Lösung des dramatischen Problems von Paris wurden verschiedene Varianten vorgeschlagen. Davon wäre besonders zu erwähnen : « Paris-Parallele », vorgeschlagen vom Comité de l'Architecture d'Aujourd'hui, welche ähnliche Lösungen wie in anderen Hauptstädten (Tokio) beantragte.
Zweifellos wird Frankreich diese Probleme lösen können. Jene aber, die dann mit der Ausführung dieser Arbeiten betraut werden, sollten die Begriffe der Kunst, der Plastik und der Ästhetik nicht vergessen.
Lionel Mirabaud Brief von Paris
(Seite 226)
«L'Objet», die Pariser Ausstellung des Kunstgewerbemuseums, fand gerade rechtzeitig statt, um gegen die Technik und ihre zu hohe Vollkommenheit anzustreben.
Phantasiereich und herausfordernd bleibt sie gewissermassen ein grosses, poetisches Manifest der Künstler: « Euer die Erfahrung, unser das Jubeln ! » und die Technik ist...
wie ein Dorn im Auge.
Gewisse Formen jubelten jedoch zu laut.
Andere zeigten eine Art Nachlässigkeit und eine Neigung zum Staunen, die unserer Zeit eigen ist. Doch entdeckte man hie und da inspirierte Auffindungen und kühnes Handwerk.
Besonders bemerkenswert waren die Schmucksachen. Sie zeugen von Neuerungen, an welchen Picasso, Laurens, Ernst, Mathieu, Claire Falkenstein und Coulentianos Teil haben.
Man sah Spielzeuge und ähnliche Sachen in grosser Anzahl. Besonders zu erwähnen sind die nun schon berühmten Puppen von Jacobsen und die schönen Gliedermarionetten von Carrington, die Schachspiele von Germaine Richier, Man Ray und Ernst. Hans Arp, zugleich Dichter und Maler, zeigte eine wundervolle Weckuhr.
Auch die Hängelampe hatte ihren Platz, von dem schmiede-eisernen Luster Hiquily's bis zu dem Kronleuchter aus Blech und Draht von Calder. Bei den Einrichtungsgegenständen sah man Schönes und Hässliches nebeneinander. Dorothea Tanning und Mathieu haben das Himmelbett wieder aufgebracht. Die Badewanne von Frédéric Benrath stand in der Nähe eines vollkommenen Lehnstuhls aus Drahtgitter (Bertoia).
Ein Baum von ländlichen Schubladen breitete seine Zweige über einen Wandschirm, eine Türe von Stahly und eine Truhe von Olivier Debré. Der Stellspiegel von Louis Chavignier bildete einen bewundernswerten Gegensatz zu dem Schrank von Alexandre Noll und den Möbeln der Spezialistin Charlotte Perriand sowie zu den Arbeiten der Anfängerin Martine Boileau. Es gab Feuerböcke aus Eisen und Eisenschlacke (César) und sogar aus vergoldeter Bronze von Lipschitz.
In dieser poetischen Welt bedeutet die Baukunst nicht regelmässiges Leben, sondern eher das Zusammenspiel zwischen Skulptur und Architektur. Die Vorstellungskraft sucht eine neue Welt, welche eher aus einem Traum als aus einem Winkelmass zu bestehen scheint. Diese Architektur betrachtet zunächst die Form, welche mit der technischen Entwicklung gewiss nicht immer übereinstimmt.
Diese Ausstellung bot mehrere Beispiele zum Studium einer anderen Welt der Formen. Man fand z.B. ein aus Stein gehauenes Haus von Pierre Szekely, welcher auch das schöne, im Besitz des Baumeisters Colboc befindliche Gitter erschaffen hat. Ausserdem sah man noch eine Struktur für räumliche Architektur von Di Teana, den Bauplan einer Kirche, deren Form an eine Frucht erinnert, in die die Gläubigen wie Bienen eindringen (Etienne Martin), das Projekt eines Theaters mit mehreren Bühnen von Agam und Claude Parent (der Erstgenannte ist Maler, der zweite Baumeister). Hervorzuheben wäre noch das Werk des Bildhauers André Bloc, der Beton und Stein in wunderbarer Weise zur Blüte bringt und einen geschwollenen, gelochten, ausgehöhlten Gegenstand zeigte. Der Künstler gab seinem Werk den Namen GehäuseStruktur.
Über die Ausstellung wurde Schlechtes, aber auch viel Gutes gedacht. Die Leute halten an ihren Gewohnheiten fest und ihre Meinungen waren daher sicher nicht frei von Vorurteilen. Tatsächlich war diese Ausstellung jedoch ein Notruf der Künstler, die der Konformität resolut « nein » sagen und die, auf der Suche nach einem zeitgemässen Stil, Unvorhergesehenes gefunden haben.
S. Gille Delafon Brief aus Italien
(Seite 229)
Das Jahr 1962 wurde in Italien zum Jahr der Kunstausstellungen erhoben. Ausser der Biennale von Venedig (moderne Kunst) und Bologna (alte Kunst) fanden im ganzen Land mehrere bedeutende Veranstaltungen statt.
Auf diesem Gebiete sind besonders zu erwähnen : Treviso mit seiner Ausstellung
der Werke von Cima da Conegliano, Varese mit der Ausstellung von Werken des Malers Morazzone (17. Jahrhundert). Ferner Turin mit Zeichnungen und Kupferstichen von Piranesi und die Ausstellung des mailändischen Museums Poldi Pezzoli mit Plastiken von Daumier.
Auch die Ausstellung « Futurismus » in Turin hatte einen historischen Charakter.
Die bereits zum sechzehnten Mal abgehaltene Biennale von Venedig versandet schon etwas. Sie bleibt jedoch bezaubernd wie keine andere Ausstellung dieser Art, und ihre ersten Preise gehören zu den begehrtesten der Welt. In diesem Jahr fielen die Preise dem französischen Maler Manessier und dem SchweizerBildhauerGiacomettizu.
Auf den Ausstellungen der zeitgenössischen Kunst zeigten die italienischen Künstler einen bedauerlichen Mangel an Grosszügigkeit, wogegen die Gastländer ihre Künstler sorgfältig auswählten und deren Fähigkeiten ins rechte Licht gestellt haben.
Giulia Veronesi Brief aus Spanien Das neue Haus der Architekten in Barcelona, X. Busquets, arch.(Seite 232) Im Zentrum- des alten Stadtviertels von Barcelona befindet sich das Gebäude des « Kollegiums der Architekten ».
Die Dauerausstellung von Baumaterialien findet ihren Platz im Zwischenstock, im Halbuntererdgeschoss und in den drei anderen unteren Stockwerken. Sitzungssaal und Foyer haben einen unabhängigen Zugang.
Die Beleuchtung erfolgt durch ein Oberlicht.
Der Turm ist siebenstöckig. In den zwei letzten Stockwerken befinden sich Klub-Bar und Restaurant. Auf dem flachen Dach wurde eine Terrasse errichtet mit herrlicher Aussicht auf die Stadt.
Alle Fenster sind mit Isolierglas versehen.
Das Gitterwerk, durch das die Haupttreppe beleuchtet wird, wurde von dem Keramiker Antonio Cumella geschaffen. Selbst Pablo Picasso schuf drei äussere und zwei innere Wandbilder : der grosse Künstler, der seine Heimat nie vergessen hat, wählte für die Ausführung seines Werkes Motive aus den katalanischen Volksfesten. Diese wurden dann nach den Anweisungen des Meisters dem Norweger Carl Nesjar übertragen.
Brief von Dänemark
(Seite 235)
Anfangs April hält Dänemark eine « Spielplatzwoche » ab. Tatsächlich handelt es sich um eine Kampagne für die Modernisierung der Spielplätze.
In massgebenden Kreisen meint man, dass die heutige, stereotype Einrichtung der Spielplätze den Geist und die Tätigkeit der Kinder nicht genug entwickelt. Die Erfahrung, die man mit den sogenannten «Trödelspielplätzen » gemacht hat, stützt diese Meinung. In diesen Gartenanlagen können die spielenden Kinder ihr Haus selbst bauen. Sie halten die Ordnung aufrecht.
Sie wählen einen Rat und einen Bürgermeister. So lernen sie zudem die Urbegriffe des Lebens in einem demokratischen Staate kennen. Einbildungskraft und Muskeln arbeiten zusammen.
Natürlich sind diese Spielplätze ein Jahreszeiterlebnis. Wenn der Winter kommt, verschwinden diese Häuschen plötzlich, um mit der ersten Frühlingssonne wieder aufzutauchen.
Auch moderne Künstler haben versucht, die Spielplätze zu erneuern. Wiederum kommt der Zement ins Spiel. Er ist stark und erlaubt die Schaffung festerer Gerüste für die Affenstangen und die alten, geschälten Bäume.
Auch in ihrem grossen, weltberühmten Garten «Tivoli » hat die Stadt Kopenhagen an die Kinder gedacht. Sie finden dort einen sehr merkwürdigen Spielplatz mit geschnitzten Turngeräten und Bäumen aus Beton. Blau und grau sind die Hauptfarben dieses eigenartigen Kindergartens.
Kinder brauchen Raum und Freiheit. Diese Bedürfnisse spielen eine grosse Rolle in den modernen Stadtplänen. Während der «Spielplatzwoche» hat Dänemmark bedeutende Versuche gemacht. Daraus lässt sich schliessen, dass Luft und Licht in neuen, sowie in alten Stadtvierteln immer mehr zur Notwendigkeit wird.
Nachrichten aus Mexiko
(Seite 236)
Die kulturellen Ereignisse des Jahres werden in Künstlerkreisen Mexikos als weniger interessant angesehen als sie sind. Der Preis «Auguste Perret», den Felix Candela in London gewann, war jedoch von ziemlicher Bedeutung, da gerade Candela in Mexiko eine grosse Rolle spielt. (Seine Arbeiten und die Werke von Salvador de Alba Martin und Augusto H. wurden auch auf der VI. Biennale in Sao Paulo, Brasilien, ausgezeichnet).
Daneben gibt es jedoch noch andere Begebenheiten. Vor wenigen Monaten starb einer der Begründer der modernen Architektur Mexikos, Carlos Obrégon Santacilia, der als Baumeister und Polemiker eine hervorragende Erscheinung war. Der Kampf um die moderne Architektur wird jedoch von Altmeister José Villagran Garcia vom Lehrpult aus und in Zeitschriften weitergeführt.
Ein kürzlich erschienenes Sonderheft der Zeitschrift « Artes de Mexico », verfasst von Gomez Mayorga, konnte jedoch nicht die allgemeine Verwirrung beheben.
Inzwischen wird eifrig weitergebaut. Das gewaltige Regierungsprogramm betreffend den Bau von riesigen Wohnanlagen innerhalb der Hauptstadt, das dem Architekten und Landesplaner Mario Pani übertragen wurde, ist noch nicht abgeschlossen. Das Bauprogramm von Schulen auf dem Lande hat interessantere Lösungen gezeitigt. Das von den Architekten Juan Sordo Madaleno und José Villagran Garcia in Mexico City erbaute Luxushotel « Maria Isabel » steht trotz allem nicht im Einklang mit dem Lande.
Der im Oktober 1961 in Mexico City abgehaltene II. Lateinamerikanische Kongress der Architekturhochschulen zeigte, dass einige Probleme in allen amerikanischen Staaten gleich sind : finanzielle Schwierigkeiten, Überlastung der Architekturschulen und Mangel an guten Lehrkräften. Andererseits zeigt sich grosser Reichtum an neuen Konzepten und Ideen. Zahlreiche Ausstellungen und Vorträge, abgehalten von mexikanischen Universitäten oder nationalen
Kunst-Instituten, beweisen das weite Interessean architektonischen Fragen und Formproblemen. Zum Beispiel erhielt der Architekt Ricardo de Robina, der für seine kühnen Bauten bekannt ist, den Auftrag, die Wiederherstellungsarbeiten an den Kathedralen von Mexico City und Cuernavaca zu leiten.
De Robina ist ein mutiger Mann, der sich durch seine eigenen modernen Bauten, sowie durch den Wiederaufbau der Kirche von San Lorenzo (unter Leitung des Refdo.
Padre Ramon de Ertze Garamendi) einen hervorragenden Namen geschaffen hat. Die Kirche von Mexico City ist eine Art Nationalheiligtum, dessen bernsteinfarbene Glasfenster eigens in der alten Fabrik von Carretons hergestellt werden. Es ist dies zwar ein Wagnis, aber Künstler und Architekten sind dabei äusserst vorsichtig vorgegangen und haben versucht, sich dem Geist des 17. Jahrhunderts anzupassen, d. h. die abstrakten Formen und das monochrome Spiel der Töne in warmes Licht zu verwandeln.
Selbst die Zeitschrift des « Nationalen Kunstinstitutes » weist darauf hin, dass durch diese Fenster das Innere der Kathedrale an religiöser Atmosphäre gewinnen wird.
Durch die Ausstellung der « Hartos » (Les écœurés) wurde die Kunstwelt Mexikos stärker aufgewühlt als sonst. Die « Hartistas » (im Gegensatz zu «artistes»), unter denen Architekten, Künstler, Industrielle usw. vertreten sind, stellten « meta-chromatische » Bildtafeln, Möbel und Photos neben Fruchtkörben und Maiskolben aus und erklärten in ihren Broschüren, genug von der heutigen Kunstwelt zu haben. Sie wenden sich gegen die abgestandenen Ismen realistischer, abstrakter und neo-dadaistischer Färbung. Mit dem Schlachtruf « Glauben, ohne zu fragen woran ! » liegt das Hauptgewicht auf der Kunst als Dienst und Gebet.
Die Idee, die Kunst in die Architektur einzuordnen, war schon bei Art Nouveau, De Stijl und Bauhaus vorhanden, nur wird das Gewicht hier auf das Metaphysische gelegt.
Der Geist Hugo Balls schien über der Ausstellung «Kunst als neuer Gottesdienst» zu schweben. Diesmal nicht jener des Revolutionärs, der 1916 in Zürich das «Cabaret Voltaire » gründete und Dada aus der Wiege hob, sondern der Geist des religiösen Einsiedlers und Philosophen, der 1927 im Tessin starb. Er selbst hätte es kaum für möglich gehalten, eines Tages Ideal einer philosophisch-künstlerischen Gruppe in Mexiko zu werden.
Mexiko ist eben doch auf geistigem Gebiet das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Ida Rodriguez Kleine Reise im Zick-Zack durch die Schweizer Ausstellungen (Seite23g) In unserem Land wurde das Jahr 1962 zum Ausstellungsjahr und die Schweiz, die sonst « Drehscheibe Europas » genannt wird, hätte man auch als den « Kreuzweg der Künste» betiteln können. Nachstehend erwähnen wir kurz die bedeutendsten Ereignisse dieser Art: Lausanne: vier grosse Ausstellungen. Die Rückschau auf die drei B (Bosshard, Borgeaud, Bischoff) und die erste Biennale der Tapisserie.
Die Ausstellung Bosshard zeigte alle Aspekte des Malers. Seine Werke drücken Wirklichkeit und Traum, Klugheit und Empfindung, Sinnlichkeit und Innigkeit aus.
Die gesammelten Werke von Marius Borgeaud sind echte Meisterwerke der beschaulichen Art.
Der Maler Henry Bischoff (1951 in Lausanne gestorben) entwickelte sich auch zu einem ausgezeichneten Meister des Holzschnitts.
Seit Vallotton hatten wir keinen Künstler solcher Art gesehen. Bischoff hat Ramuz, Pourrat, Daisy Ashford, Edmond Gilliard und Diderot (Le Neveu de Rameau) meisterhaft dargestellt. Die Ausstellung Abraham Hermanjat (1862/1932) unterstrich vorzüglich die Eigenschaften eines unserer besten Dichter der Farbe. Der Schriftsteller Paul Budry nannte ihn den «Vater der waadtländischen Malerei ».
Biel: dritte Freiluft-Ausstellung Schweizer Plastik (Juni-Juli). Man sah Werke von Aeschbacher, Koch, Gigon, Meister, Wyss und Rouillier usw.
Katharina Sailenbach und Bernard Schorderet stellten gediegene, rhythmische Werke vor. Ausserdem sind noch nennenswert: Ramseyer, Luginbühl, und ausser dem erwähnten « klassischen Stil » Kemeny & Vögeli (Barock), Link mit erfinderischen Raumbauten und Tinguely (Humor). Weiters: Häfelfinger, Franz Fischer, Jean Latour, Condé, Poncet, Bodmer, Witschi.
Alles in allem, eine erwähnenswerte Bilanz der Schweizer Plastik.
Pully (im Maison Pulliérane) : Zeichnungen und Stiche von Paul Klee - Im Mai : Ausstellung Daumier.
Genf: Chagall und die Bibel, im Museum Rath.
Basel: zwei Ausstellungen der Eingeborenen-Kunst in der Kunsthalle «Zweitausend Jahre Kunst in Nigeria» und «die Kunst in Neu-Guinea ». Ferner Werke von Eduardo Chillida, dem grossen spanischen Bildhauer.
Zürich (Kunsthaus): «7000 Jahre iranische Kunst» und « Le Chant du Monde » (das Lied der Welt) von Jean Lurçat, die grösste Tapisserie der Jetztzeit.
Bern (Kunsthalle): Werke von Charles Lapicque, Francis Picabia und drei amerikanischen Künstlern : Alfred Leslie, Jasper Johns und Robert Rauschberg.
Coppet: die schönsten Gobelins aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert.
Vevey: eine grosse Schau von Aquarellen unter dem Titel « von Cézanne bis Picasso » mit Werken von Cézanne, Dufy, Boudin, Signac, Cross, Laprade, Chagall, Rouault, Villon, Segonzac und Léger.
André Kuenzi Schweizerische Landesausstellung Lausanne 1964 : Die architektonische Konzeption des allgemeinen Teiles (Seite249) Lausanne und seine nähere Umgebung sind zur Zeit ein grosser Bauplatz, der in seinem Ausmass allein schon auf die Bedeutung hinweist, die der künftigen Landesausstellung 1964 in der Waadtländer Metropole beigemessen wird.
Die Landesausstellung soll indessen nicht in erster Linie ein Schaustück, sondern eine Bestandesaufnahme sein, und zwar vorab eine geistige Inventur. Sie soll nach den Plänen ihrer Schöpfer zu einer Besinnung über die Situation unseres Landes, seine Stellung in der Welt und in Europa werden und die Vielfalt der Probleme aufzeigen, die sich aus der schweizerischen Eigenart, dem Zusammenleben und Zusammenwirken heterogenster Kräfte auf wirtschaftlicher, kultureller, sozialer und politischer Ebene ergeben.
Es war daher gegeben, den Allgemeinen Teil mit seinen drei Themen : Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft in den Mittelpunkt der Ausstellung zu rücken, stellt er doch die Synthese der in den sechs Sektoren gezeigten Leistungen dar. Für die Erbauer der Landesausstellung ergab sich damit die Aufgabe, diesen Allgemeinen Teil sowohl räumlich wie thematisch ins Zentrum zu rücken.
Probleme der Konstruktion Aus dieser Aufgabe ergeben sich für die architektonische Konzeption eine Reihe von besonderen Problemen. Einmal gilt es, die Themen der drei Abteilungen einzufügen und darzustellen. Wesentlich ist dabei, den äusseren Rahmen soweit als möglich dem gezeigten Inhalt anzupassen. Um dieser Forderung zu entsprechen, haben wir eine einfache Struktur aus geklebten Holzträgern vorgesehen. Dies erlaubt uns, nach einer vorher festgelegten Anordnung die Räume zu schaffen, die den einzelnen Themen entsprechen, sich aber gleichzeitig für den Aufbau der Ausstellungseiemente verwenden lassen. Diese Holzkonstruktion kann somit als Fassade, als Dach und nötigenfalls auch als Ausstellungsgerüst dienen. Sie wird gegen Witterungseinflüsse mit einer Kunststoffhaut überzogen, die dann je nach gewünschter Beleuchtung durchsichtig oder durchscheinend ist und damit die einheitliche Wirkung dieser Holzstruktur von innen wie von aussen gewährleistet (B. Janin und T. Girard, Ingenieure).
Im weiteren muss die Ausstellung in ihrem Aufbau so gehalten werden, dass sie bis zu 10 000 Besucher in der Stunde aufzunehmen vermag. Für die Besichtigungszeit sind im Maximum zwei Stunden vorgesehen.
Auf Grund dieser beiden Grundbedingungen sind deshalb die Wege so angelegt worden, dass sie einen Rundgang ermöglichen, dessen Länge jedoch nicht 1000 m überschreitet. Die Wege sind in regelmässigen Abständen erweitert, um einen reibungslosen Durchgang zu gestatten.
Schliesslich haben wir vorgesehen, ein interessantes Kernstückzu schaffen. Dieses wird sich in Nord-Süd-Richtung über die Ebene von Vidy erstrecken und das Flon-Tal mit der Ebene verbinden. Als architektonische Eigenart der Struktur sei vermerkt, dass sie eine fortlaufende Kunststoffkonstruktion darstellt, die es dem Besucher ermöglicht, sich auch in der Ebene zwischen den Bauten der übrigen Sektoren an ihr zu orientieren.
Der Rundgang Vorgesehen ist für die Besichtigung des Allgemeinen Teiles lediglich ein Rundgang, der die einzelnen Abteilungen berührt. Die Abteilung «Geschichte» kann von beiden Seiten her, d. h. von Norden wie von Süden besichtigt werden, während die dritte Abteilung, «Die Schweiz vor der Zukunft», nur gerade von Norden her betreten werden kann. Den Angelpunkt bildet die Abteilung mit den Gegenwartsproblemen, « Ein Tag in der Schweiz ». Hier wird auf einem grossen Platz eine Freiluftausstellung zu sehen sein.
Im allgemeinen wird die Besichtigung wohl von Norden her begonnen, da am Karussell von La Maladière eine Station des Télécanapé vorgesehen ist, und vor allem, weil vom Ausstellungs-Bahnhof der SBB her ein Grossteil der Besucherdurch den nördlichen Eingang kommen werden.
Geschichte Ein jedes der drei Themen wird in einem gesonderten Gebäude behandelt, das jeweils einen Hof umschliesst, der gleichfalls nach dem Thema gestaltet ist. Eine Passerelle verbindet alle drei Gebäude untereinander.
Als grösste Hindernisse hat sie dabei das Karussell von La Maladière, das zur Zeit im Bau ist, sowie die Ost-West-Strasse der Ausstellung zu überwinden. Im Innern der Gebäude führt die Passerelle durch eine Reihe zusammenhängender Räume, die aus den beklebten Holzträgern gebildet werden.
Auch die einzelnen Räume sind den besonderen Anforderungen der einzelnen Themen angepasst, die hierzurDarstellung kommen.
Gegenwart Gegenwart verbindet Vergangenheit und Zukunft. Die Abteilung liegt deshalb auch räumlich im Zentrum an der Strasse, welche die Ost-West-Achse mit dem Hafensektor verbindet. Eine einfache Überdachung schützt die Besucher bei schlechter Witterung.
Die Zukunft In einem ersten Teil dieser Abteilung, unter dem Titel « Die Schweiz fragt sich », werden dem Besucher in besonderen Räumen verschiedenartige Kurzfilme und Diapositive gezeigt. Über einen von drei Seiten umschlossenen Platz gelangt er hierauf in eine weitere Gruppe von Räumen, in denen in sehr gut aufeinander abgestimmter Anordnung Zukunftsprobleme dargestellt werden, vor die sich unser Land gestellt sieht.
Schliesslich führt eine Brücke, flankiert von Bäumen, hinüber auf die Aufschüttung zu beiden Seiten der Flon-Mündung. Hauptmerkmale dieses Abschlusses des Allgemeinen Teils bildet die Weite der vor dem Besucher liegenden Seefläche, die durch eine Komposition verschiedener Konstruktionen mit unterschiedlicher Höhe noch unterstrichen wird. Hier wird auch die Pyramide errichtet, die 3100 Flaggen, Symbole der schweizerischen Gemeinden, tragen wird (Fr. Matter, Ingenieur).
Zahlen: Fläche der Gebäude ca. 11 800 m2 Fläche der Bedachung ca. 21 700 m2 Länge der Brücken, insgesamt 670 m Aufschüttung der Flon-Spitze 20 000 m3 Erde G. Cocchi Adjunkt des Chefarchitekten